Pfeil-Bogenabstimmung, Modellierungs- und Berechnungsansätze

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ullr
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Pfeil-Bogenabstimmung, Modellierungs- und Berechnungsansätze

Beitrag von ullr »

Abgetrennt aus dem Thread "Gerät um Auszugskurven zu ermitteln".
b_der_k_te hat geschrieben: 21. Dez 2021, 17:54 ....
An den Programmen Christian, würde es nicht scheitern. Es bräuchten andere Leute auch die richtigen Rechnungen und das mathematische Verständnis um diese in Programmen umzusetzen.
Die Auszugskurve mit den dazugehörigen Daten ist am Ende die Grundlage einer unlösbare Differentialgleichung, die numerisch gelöst werden muß. Ich mache es über Mathematica von Wolfram Research.
Mit dieser Gleichung ist dann die Durchbiegung des Pfeiles über die Zeit darstellbar. Ist alles keine Hexerei, das hat im Prinzip jeder Maschinenbauer im Studium gelernt.
Man muss es nur machen... Und ich weiß nicht, ob Excel so etwas kann... ;)
Gruß und ein gutes Neues Jahr wünscht
Christian
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rstoll
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Re: Gerät um Auszugskurven zu ermitteln

Beitrag von rstoll »

Erlaubt einem mathematisch-technisch etwas Unterbelichteten (zwar Mathe und Physik-LK damals vor Urzeiten gehabt, aber der Erosion der fortgeschrittenen Zeit quasi gänzlich zum Opfer gefallen) die Bitte um grundsätzliche Erklärung, bitte aber auf Schulanfängerniveau ;-).

Ich werf einfach mal so ein paar unqualifizierte Gedankenfetzen in den Raum des www

Nach meiner Vorstellung lässt sich über die Fläche unter der Auszugskurve die grundsätzlich in den Bogen eingebrachte Energie "ermitteln" Das sollte über die kleinen Messchritte (alle 2 mm ein Messpunkt) hinreichend genau machbar sein. Aber wie geht es dann weiter? Wie arbeiten die Modelle?

Könnte mir vorstellen:
- Beschleunigung (Pfeilmasse, Form der Energieübertragung Bogen auf Pfeil: vereinfacht linear oder anders?)
- Durchbiegung (Trägheit, Masseverteilung)
- Lage der Schwingungsknoten ??????
- weiteres ...
- weiteres ...

Ziele:
- Sicherstellung eines Abstands zwischen Pfeilschaft und Pfeilanlage/Button nach der ersten Halbschwingung?
- Abstand so klein als möglich oder egal, Hauptsache Abstand?

Freue mich über ein wenig Aufhellung.

Grüßle!

Ralf
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ullr
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Re: Gerät um Auszugskurven zu ermitteln

Beitrag von ullr »

Hallo Ralf, ich versuche mal, die Beschreibung so einfach wie möglich zu halten.
Das wichtigste für meine Berechnung der Pfeildurchbiegung ist bereits in der Innenballistik enthalten.
Das Auszugsdiagramm wird mit einer sehr hohen Genauigkeit ermittelt, die Gewichte, die den Bogen spannen sind kalibrierte Gewichte (die wurden mal vor Jahrzehnten im medizinischen Meßlabor der Bundeswehr von Kollegen*Innen geprüft. Gemessen wird die Auszugslänge durch einen soliden Zollstock mit einer Genauigkeit von +/- 1mm.
Die Bestimmung der restlichen Massen (Pfeil, Sehne, dynamisch wirksame Wurfarmmasse) erfolgt mit einer Kern-Balkenwaage mit einer Genauigkeit von +/-0,05g. Das geht auch deutlich eleganter, da hat mir b_der_k_te ein super Foto geschickt, das ich in meinem Artikel zeige, durchgeführt. ;)
Die mit diesem Programm entwickelte Beziehung enthält alle Größen, die für das dynamische Verhalten des Pfeiles während des Schußablaufes (Innenballistik) notwendig sind. Diese Funktion kann die entwickelte Maschine mit Sicherheit in ihrem Programm auch erzeugen.
Also
-Darstellung des Auszugsdiagrammes,
-Federsteife des Bogens
-Anfangsgeschwindigkeit des Pfeiles in Abhängigkeit der Pfeil- und Sehnenmasse
-Leerschußgeschwindigkeit des Nockpunktes
Die Weiterverabeitung zur Untersuchung der Pfeildurchbiegung erfolgt, indem man diese Funktion in eine Differentialgleichung umwandelt. Der Haken ist, dass die Gleichung unlösbar ist und durch eine Annäherung ersetzt werden muß. Das können moderne Programme, zu Fuß ist es die Methode des Ratens und Probierens... ;) Wer so etwas selber Programmieren kann, der kennt sich aus... Ich nicht. Ich benutze ein Mathematikprogramm... ;)
Gruß und ein frohes Neues Jahr
wünscht
Christian
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b_der_k_te
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Re: Gerät um Auszugskurven zu ermitteln

Beitrag von b_der_k_te »

Hallo Ralf,
Ja, die Energie m Bogen kann man über die vielen Messpunkte gut und genau ermitteln. Ebenso den Verlauf der "Federsteife". Das sind dann schon mal
Kurven über die man optisch eine Art Bewertung der Bögen machen kann. (Was ändert sich wenn die Standhöhe verändert wird oder die WA-Schrauben angezogen werden usw.)
In den letzten Tagen habe ich es geschafft bis zu Deinem Listenpunkt "Beschleunigung" rechnerisch vorzudringen. Ich muss es aber noch überprüfen. Wenn das erledigt ist, kann ich da gerne eine Beschreibung erstellen, damit das jeder nachvollziehen kann wie man von dem Einen zum Anderen kommt.
Weiter weiß ich aber auch nicht; z.B. ob und wie die Beschleunigung überhaupt für die Durchbiegung benötigt wird, wie sie dann weiterverarbeitet oder umgewandelt werden muss, kann ich noch nicht sagen.
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rstoll
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Re: Gerät um Auszugskurven zu ermitteln

Beitrag von rstoll »

Euch allen recht herzlichen Dank für die Beteiligung an diesem Thema und am Forum generell.

Genießt die nächsten Tage, erholsame und besinnliche Stunden und bleibt bestmöglich gesund ...
...
...
...
und wenn ein wenig Zeit dann noch überbleibt führt dieses Forum in diesem und den weiteren Threads in seinem eigentlichen Zweck weiter.

Grüßle!

Ralf
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ullr
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Re: Gerät um Auszugskurven zu ermitteln

Beitrag von ullr »

b_der_k_te hat geschrieben: 23. Dez 2021, 14:54 ...
Weiter weiß ich aber auch nicht; z.B. ob und wie die Beschleunigung überhaupt für die Durchbiegung benötigt wird, wie sie dann weiterverarbeitet oder umgewandelt werden muss, kann ich noch nicht sagen.
Hallo b_der_k_te, diese Funktion brauchst Du.
Der Pfeil wird ja durch die Beschleunigungskraft, die über der kritischen Knickkraft nach Euler liegt, durchgebogen:
Bild
Solange die Beschleunigungskraft größer als die kritische Knickkraft ist, wird er durchgebogen weitergeschoben, bis die Beschleugigungskraft unter die kritische Knickkraft fällt. Das passiert in meinem Modell so ca 1,5-2,2ms nach dem Lösen. Jetzt ist in den Schaft Biegeenergie hineingepumpt und der Schaft schwingt ab jetzt mit seiner Biegefrequenz:
Bild
Aus dieser Bewegung und der weiteren Beschleunigung des Pfeiles läßt sich der Verlauf des Abstandes Button-Pfeilschaft rechnen.
Das sieht dann so aus:
Bild
Nur ein Hinweis: Die dritte Kurve beschreibt nicht den Abstand des Pfeilendes vom Button, sondern den Abstand der temporäre Stelle des Pfeilschaftes, der sich zum zugehörigen Zeitpunkt senkrecht über dem Button befindet. Das heißt, die kritische Stelle wird irgendwo im letzten Viertel des Pfeiles sein.
Ich wünsch Dir einen guten Rutsch in's Neue Jahr, und klar doch
"Gut Schuss!"
und viel Erfolg
Christian
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ullr
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Re: Gerät um Auszugskurven zu ermitteln

Beitrag von ullr »

Hallo, b_der_k_te, nach einem meditativen Spaziergang in den Augustaanlagen am Rhein kam ich zu dem Schluss:
Mit hoher Wahrscheinlichkeit braucht man diese Berechnung doch nicht, wenn es um die Abstimmung Pfeil-Bogen geht.
Die Funktion Schaftabstand-Button verschiebt sich ja nur um 1-2,5ms nach links. Mehr wird da nicht passieren.
Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
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Re: Gerät um Auszugskurven zu ermitteln

Beitrag von b_der_k_te »

Danke Christian. Wir greifen da schon ziemlich weit vor in den Rechnungen.
Was mich halt immer noch verwirrt ist, daß es auf Deiner Webseite so wirkt also wäre die notwendige Reihenfolge von der Beschleunigungskurve (über die Zeit) zur Durchbiegung. Für die Knickung nach Euler braucht man aber doch keine Beschleunigung sondern die Kraft und eine Pfeilschaft-Knicklänge.
Die Kraft würde man nach meinem Eindruck durchaus zwei Schritte früher aus der Auszugskurve (rückwärts bzw. gespiegelt betrachtet - also von der höchten Kraft absteigend) bekommen.
Die kritische Knicklänge ist für mich noch eine zweite Unbekannte, von der ich nicht weiß woher ich die nehmen, respektive berechnen soll.
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ullr
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Re: Gerät um Auszugskurven zu ermitteln

Beitrag von ullr »

Hallo Bernd,
Aus der max. Beschleunigung (z.B. rund 7000m/s^2) und der Masse des Pfeiles läßt sich die Knickkraft, die den Pfeil direkt nach dem Lösen durchbiegt, errechnen.
Aus dem Spine kann das Produkt E-Modul * Flächenträgheitsmoment errechnet werden. Damit kann die Knickkraft nach Euler
K=Pi^2*E*J/l^2 bestimmt werden. E ist das EModul, J das Flächenträgheitsmoment,
l ist die Länge des Pfeiles. Daraus kann man die minimale Länge Knicklänge errechnen, bzw wenn die Knickkraft kleiner ist als Pi^2*E*J biegt sich der Pfeil überhaupt nicht mehr…
Jetzt lässt sich die Eigenfrequenz errechnen und mit der maximalen Durchbiegung und der Bewegung des Pfeiles, bis das Heck den Button passiert, rechnen und darstellen.
Ich habe mich mit diesen Grundlagen lange Zeit nicht mehr intensiv beschäftigt (weil das Programm funktioniert, das hat die Praxis bestätigt) und es dauert jetzt immer eine Weile bis ich wieder einigermaßen in der Spur bin. Deshalb auch die etwas holprigen Erklärungen. Ich hoffe trotzdem, dass ich die Diskussion weiterbringen kann.
Wenn man ein ähnliches Programm mit der neuen Auszugsvorrichtung kombinieren könnte, wäre das eine geile Sache....
Gruß
Christian
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Re: Gerät um Auszugskurven zu ermitteln

Beitrag von rstoll »

Hallo Christian,

danke für die Ausführungen. Ich versuche dem ein wenig zu folgen. Dabei stellt sich mir eine Frage: ich kann ich dem bislang Ausgeführten nicht erkennen inwieweit das Spitzengewicht in seiner Lage hier Einfluss nimmt oder ob es in Deiner Berechnung "nur" die Pfeilmasse beeinflusst.
Ich könnte mir vorstellen, dass es für den Grad der Durchbiegung schon eine gewisse Rolle spielt, ob die Masse vorne oder (Gedankenspiel) hinten am Pfeil angeordnet ist.

Grüßle!

Ralf
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