Rohschafttest - was steckt dahinter?

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rstoll
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Rohschafttest - was steckt dahinter?

Beitrag von rstoll »

Vorab: Unstrittig ist, dass der Rohschafttest Aufschluss geben kann ob die Abstimmung Pfeil und Bogen passt.
Aus einer früheren Diskussion im Bogensportforum hatte ich mitgenommen, dass die unterschiedliche Lage befiederter Pfeil zu unbefiedertem Pfeil daher rührt, dass der Pfeil in der Lage seiner Schwingungsknoten "schräg angestellt" den Bogen verlässt und sich dann vergleichbar der aus dem Auto hinausgetreckten Hand im Wind verhält, als zur Seite bzw. nach unten/oben "gedrückt" wird. Die Befiederung stellt den Pfeil gerade(r) so dass diese Abdrift minimiert wird.
Während unten/oben noch über die Nockpunkthöhe verständlich ist, tue ich mich bei links/rechts und ausschließlicher Ursachesuche im Spine noch ein wenig schwer. Kann hier nicht auch die Standhöhe Einfluss haben wenn ich unterstelle, dass die Sehne doch einen gewissen Zwang auf die Bewegungsmöglichkeit des Pfeilendes ausübt?
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ullr
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Re: Rohschafttest - was steckt dahinter?

Beitrag von ullr »

Hallo Ralf, das Schießen mit dem unbefiederten Pfeil ist alte Erfahrung. Damit erreicht man eine Aussage über die Innenballistik, dem Verhalten von Pfeil und Bogen vom Zeitpunkt des Lösens bis sich der Nock des Pfeiles von der Sehne getrennt hat. Dieses Verfahren ist über einen sehr langen Zeitraum erprobt. Anwendbar ist es nur bis zu einer Schußerntfernung von 10m. Bis 18m ist es noch nachvollziehbar, weil sich dann die Abweichungen etwas verstärken (Strahlensatz) werden. Bei größeren Schußentfernungen überwiegen dann außenballistische Einflüsse.
Eine der schönsten Darstellungen ist hier zu sehen.
Frauenemanzipation und die Biegeschwingung des Pfeiles.
Super gemacht...
Gruß
Christian
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rstoll
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Re: Rohschafttest - was steckt dahinter?

Beitrag von rstoll »

Lässt sich der Unterschied zu weich, ideal, zu steif irgendwie skizzenhaft darstellen oder gibt es Veröffentlichungen hierzu?
Was ist das bestimnmende Element?
- Die Amplitude?
- Die Lage der Schwingungsknoten auf dem Pfeil?
- Die Frequenz der Schwingungen?
- Der "Schwingungszustand" beim Ablösen des Pfeils von der Sehne?
sk90
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Re: Rohschafttest - was steckt dahinter?

Beitrag von sk90 »

Soetwas wie "das bestimmende Element" wird man bei solchen Sytemen nicht finden. Es ist immer ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, die zusammenwirken und sich gegenseitig beeinflussen. Man kann bei sowas auch nie nur einen Parameter ändern, ohne Andere mit zu verändern.
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ullr
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Re: Rohschafttest - was steckt dahinter?

Beitrag von ullr »

rstoll hat geschrieben: 18. Jul 2018, 08:02 Lässt sich der Unterschied zu weich, ideal, zu steif irgendwie skizzenhaft darstellen oder gibt es Veröffentlichungen hierzu?
Was ist das bestimnmende Element?
- Die Amplitude?
- Die Lage der Schwingungsknoten auf dem Pfeil?
- Die Frequenz der Schwingungen?
- Der "Schwingungszustand" beim Ablösen des Pfeils von der Sehne?
Alle Daten, die Du nennst ergeben sich aus dem Zusammenspiel Pfeil-Bogen. Sie sind untereinander physikalisch verknüpft.
Von mir gibt es diesen Artikel.
Da ist zwar der Button das Hauptthema, aber ich denke, die Probleme kommen da ganz gut raus.
Und allgemein, dieses Modell bezieht alles auf die 1. Grundschwingung, die Betrachtung der Oberschwingungen ist mit einem wissenschaftlichen Ansatz möglich und machbar, bei meinen Ansätzen ist immer der Grundsatz da, was ist anwendbar, was bringt innerhalb einer übersehbaren Zeitspanne verwertbare Ergebnisse:
Die Amplitude der Schwingung kann bis zu 15% der Schaftlänge betragen. Grundsätzlich, je höher der Spinewert, umso größer die Amplitude. Sie wird bestimmt durch die Massenverteilung am Pfeil (Spitze, spez. Pfeilmasse,Schaftlänge, Federn), dem statischen Auszugsdiagramm, der Sehnenmasse, der Gesamzpfeilmasse, und der dynamisch relevanten Wurfarmmasse.
Die Schwingungsknoten und die Frequenz sind alleine über Schaftlänge, Schaftmasse und dem Spinewert bestimmbar.
Zu weich: die Primärdurchbiegung geht weit über die angegebenen 15% der Schaftlänge hinaus. Das Pfeilheck klatscht beim Schuß an das Bogenfenster
ideal: das Pfeilheck hat beim Schuß einen Minimalabstand von Button von ca 1-3mm
Zu steif: das Pfeilheck klatscht an das Bogenfenster, starke Schleifspuren am Pfeil und am Button, der Pfeil wird beim Abschuß überhaupt nicht durchgebogen.
Bild 2 in dem verlinkten Artikel zeigt ein wohlabgestimmtes System.
Gruß
ullr
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rstoll
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Re: Rohschafttest - was steckt dahinter?

Beitrag von rstoll »

Sehe ich das richtig: Der Pfeil muss mit drei Teilschwingungen am Bogen vorbei sein.
Die erste entwickelt sich nach dem Lösen (Bauch zum Bogen)
die zweite, wenn der Teil zwischen den zwei Schwingungsknoten am Mittelteil vorbei geht (Bauch weg vom Bogen)
die dritte, wenn das Heck des Pfeils das Bogenfenster passiert.

Wie und wo kommt es zum "Anschlagen"/Kontakt?
Zu steif: keine/zu geringe Durchbiegung, eher der hintere Teil?
Zu weich: zu starke Durchbiegung, Kontakt im vorderen Teil
falls Kontakt im hinteren Teil: ggf. wegen zu wenig Schwingungen?

Könnten theoretisch auch zu viele Schwingungen entstehen?

Ich weiß das ist ziemlich viel Theoretisiererei, aber ich denke ein Rohschafttest macht erst Sinn wenn ich Kontakt (der ggf. das Ergebnis verfäschen kann???) vermeide und daher aus den Kontaktspuren Rückschlüsse ziehen kann.
Gerade im Bereich geringe Zuggewichte oder geringer Auszug helfen mir die Easton-Tabellen nicht wirklich so dass ggf. die Kontaktspuren hier weiterhelfen könnten, die Richtung zu weisen.

(edit sagt: das hat rstoll geschrieben)
b_der_k_te
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Rohschafttest - Clearance

Beitrag von b_der_k_te »

Genau, das mit den "drei Teilschwingungen" könnte man so ausdrücken. Ist zwar nicht technisch korrekt, aber so doch anschaulich und leicht verständlich. In diesem weiteren Sinne ist es nicht möglich das ein Pfeil zuviele Schwingungen macht und deshalb nochmal am Bogen anschlägt.

Für den Blankschafttest ist es wirklich wichtig, daß keiner der Pfeile zusätzlichen Kontakt hat, das würde das Testergebnis absolut verfälschen. Soweit das ein zu steifer Pfeil sogar als Ergebnis "weich" anzeigt.
So ein ungewollter Kontakt muß aber nicht zwingend von einem falschen Spine-Wert kommen.
Gerade ungeübten Schützen mit geringen Zugkräften kann es (in kindlicher Übermut) passieren das sie den Bogen verdrehen. (Das was man in der Bogenwelt so als "Torque" bezeichnet.) Vor allem dann wenn sie den Griff mit der Bogenhand sehr fest halten.
Da reicht ein Winkelgrad Verdrehung aus um den Pfeil am Heck nochmal anschlagen zu lassen.

Ich sehe das bestimmende Element doch in der Frequenz der Schwingung - die abgestimmt sein muß mit der Zeit die der Bogen mit seinem Kraftverlauf braucht um den Pfeil bis zum Bogenfenster zu bringen.
Und ja, es gibt dazu auch Veröffentlichungen. Mehr davon aber besser in meinen nächsten Posts sonst wird es ein zu großes Durcheinander.

PS.:Ich werde mich bemühen bei meinen Antworten eine möglichst aussagekräftige Beschreibung in die Betreff-Zeile (als Überschrift zum Post ersichtlich) zu schreiben. Das erleichtert hoffentlich die spätere Suche nach solchen Beiträgen.
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Kitty
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Re: Rohschafttest - was steckt dahinter?

Beitrag von Kitty »

Ich habe eben hier im Forum gelesen, dass jemand beim Rohschafttest Klebeband um den Pfeilschaft wickelt. Ich habe das noch nie grmacht. Ich denke, dass man erfahren möchte, welchen Einfluss die Federn auf den Pfeil haben. Wenn ich keine Federn dran klebe, aber etwas anderes dafür, dann ist ja eine andere Beeinflussungsgröße da.
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RCX-100
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Re: Rohschafttest - was steckt dahinter?

Beitrag von RCX-100 »

Hallo Kitty,

ja - der Thomas macht das so. Wenn ich meine Rohschäfte auf 18m mit den befiederten schieße, dann stecken die in der Gruppe. Mache ich Klebeband hinten dran, dass der Pfeil den selben Schwerpunkt hat, wie mit Federn, dann haut der locker 20cm nach links ab und steckt schräg in der Scheibe.

Gruß Dietmar
Gurml
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Re: Rohschafttest - was steckt dahinter?

Beitrag von Gurml »

Sieht nach einem Kandidaten für "Ich habe gehört, dass ..." aus - Soll der Rohschaft zum Gewichtsausgleich mit Klebeband umwickelt werden oder nicht?
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