Frage zur Steifigkeit des Mittelteils

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test01
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Frage zur Steifigkeit des Mittelteils

Beitrag von test01 »

Wenn das Ziel eine maximale Pfeilbeschleunigung ist, ist dann ein sehr steifes Mittelteil
vorteilhafter oder ein weicheres Mittelteil, welches ja quasi wie eine Feder fungieren würde?

Ich komme auf die Frage, da ich gelesen habe, dass das sehr steife Vanquish Mittelteil
bis zu 10 fps schneller sein soll wie herkömmliche Bögen. Das erscheint mir ein recht hoher
Wert zu sein.
http://www.stolid-bull.de/vanquish/vanquish.html

Ob ein 1800gr MT für oly. recurve jedermann heben mag, steht auf einem anderen Blatt.
Blankbogner scheinen das MT aber sehr zu mögen. ;)
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Kitty
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Re: Frage zur Steifigkeit des Mittelteils

Beitrag von Kitty »

Wenn man mit einen Holzbogen anfängt und dann auf ein Metall- oder Carbonmittelteil wechselt, fällt auf, dass der Pfeil mit einer höheren Geschwindigkeit heraus geht. Man gewinnt an Höhe. Holz ist doch um einiges weniger Steif als Metall/Aluminium oder Carbon. Unsere Techniker werden sicherlich mehr zu Thema sagen können. ;)

Das StolidBull-Mittelteil habe ich im Revurvebereich einmal bei einem Mann gesehen. Im Blankbogenbereich habe ich es ebenfalls bei Männern zumindest schätzungsweise 4-5 Mal gesehen.
Für Recurver ist es sinnvoller sich Gewichte an die Stabienden zu schrauben. Schwerer machen geht immer. Leichter aber kaum.
Früher hat OK auch sehr schwere Mittelteile gebaut. Gibt es heute gar nicht mehr. Sind nur noch im Compoundsektor aktiv. Vielleicht doch nicht so sinnvoll solche Klötze als Recurver zu nutzen? Für die Schulter sicherlich nicht.
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ullr
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Re: Frage zur Steifigkeit des Mittelteils

Beitrag von ullr »

Hallo und guten morgen, test01,
Ja ,der Vanquish wurde von einem ehemaligen Moderator beim BSF (Kosmo) konstruiert. Soweit ich darüber informiert bin, war es die Masterarbeit in seinem Ingenieurstudium. Es ist eine sehr gute Konstruktion, die zwei Vorteile gegenüber anderen Mittelteilen hat.
1. Sie ist sehr steif. Wie ich schon irgendwo geschrieben habe ist bei der Steife die Konstruktion wesentlich, das E-Modul des verwendeten Werkstoffes bleibt -unabhängig von seiner Bruchfestigkeit gleich. Will sagen, wenn ich ein steifes Mittelteil haben will und den Werkstoff nicht grundlegend ändere, muß ich die Konstruktion danach ausrichten, und das kostet Gewicht.
2. Das hohe Gewicht (~1,8kg) bringt Vorteile bei der Stabilisation -wenn man keine Stabilisationselemente zusätzlich montieren darf- beim Blankbogen. Gründe hier. Und in dem Bereich ist der Vanquish auch sehr beliebt und soweit ich gehört habe auch erfolgreich.
Diese Eigenschaften haben keinen Einfluss auf die Pfeilgeschwindigkeit. Beim Schuß (der Pfeil wird im Bogen beschleunigt) bewegen sich Teile des Wurfarmes (und diese mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten*), weil sie innerhalb der Schußzeit unterschiedliche Wegstrecken zurücklegen), die Sehne und der Pfeil nach vorne, Richtung Ziel. Teile des Wurfarmes (und diese mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und das Mittelteil bewegen sich zum Schützen hin (Rückstoß, Newton-Gesetz, Actio gleich Reaktio, m1*v1=m2*v2) Der Bogen bewegt sich in dieser Zeit in die Bogenhand hinein, nicht weg!
Die Steifigkeit des Bogens hat keinen Einfluss auf die Pfeilgeschwindigkeit.
Ich gehe davon aus, dass diese Firmenbehauptung auf Meßfehlern beruht. Ein Beispiel für Geschwindigkeitsmeßfehler ist im Thread (Messung der Pfeilgeschwindigkeit) aufgeführt.
Gruß, Eine schöne Woche und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
*) das wird durch die dyn.rel. Wurfarmmasse beschrieben, deshalb ist es Unsinn, "Wurfarmspitzengewicht" oder ähnliche Ausdrücke zu verwenden
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ullr
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Re: Frage zur Steifigkeit des Mittelteils

Beitrag von ullr »

Kitty hat geschrieben: 14. Okt 2018, 20:04 ...
Für Recurver ist es sinnvoller sich Gewichte an die Stabienden zu schrauben. Schwerer machen geht immer. Leichter aber kaum.
Früher hat OK auch sehr schwere Mittelteile gebaut. Gibt es heute gar nicht mehr. Sind nur noch im Compoundsektor aktiv. Vielleicht doch nicht so sinnvoll solche Klötze als Recurver zu nutzen? Für die Schulter sicherlich nicht.
Hallo Kitty,
Ja. ;)
Aber es ist ein uralter Streit bei Sportschützen. Waffe schwerer oder leichter? Welche läßt sich "ruhiger" im Ziel halten?
Gruß, eine schöne Woche und klar doch,
"Gut Schuß!"
Christian
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test01
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Re: Frage zur Steifigkeit des Mittelteils

Beitrag von test01 »

Servus ullr,

also ... 10fps schrumpfen zusammen auf 0fps. Hätte ich auch vermutet, war aber nicht ganz sicher.
Habe so ein MT hier und probiere mich mal im Blankbogenschiessen.
Falls Bedarf besteht, das MT "bogenphysikalisch" zu untersuchen, stelle ich es Dir gern zu Verfügung.
LG
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ullr
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Re: Frage zur Steifigkeit des Mittelteils

Beitrag von ullr »

test01 hat geschrieben: 15. Okt 2018, 21:14 Servus ullr,

also ... 10fps schrumpfen zusammen auf 0fps. Hätte ich auch vermutet, war aber nicht ganz sicher.
Habe so ein MT hier und probiere mich mal im Blankbogenschiessen.
Falls Bedarf besteht, das MT "bogenphysikalisch" zu untersuchen, stelle ich es Dir gern zu Verfügung.
LG
Dankeschön, aber da kann ich nix untersuchen. :D
Weder Geschwindigkeit noch Vergleich der Steifigkeit des Mittelteiles mit anderen. Da brauchts Du schon professionelle Ausrüstung. Ich arbeite ja mit 'nem Haken in der Decke, kalibrierten Marktstand Gewichten, einem Zollstock und einer sehr genauen mechanischen Waage. Mit der guck ich auch nach, ob die elektronische mir keine Zicken macht. :D
Gruß,
ullr
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Re: Frage zur Steifigkeit des Mittelteils

Beitrag von PulsedQD »

Vielleicht ein Denkfehler von meiner Seite:
Bei der Aussage, dass die Steifigkeit des MT keinen Einfluss auf die Pfeilgeschwindigkeit hat, geht aber die Annahme ein, dass das Mittelteil beim Auszug des Bogens keine Biegung erfährt.

Kurzes Gedankenexperiment: Ein sehr elastisches Mittelteil wird verwendet, sodass sich bei Vollauszug die Wurfarme weniger Biegen, dafür aber das MT in einem messbaren Ausmaß, d.h. das MT hat einen Anteil an der Wurfleistung. Nun würde ich an diesem Punkt annehmen, dass das MT deutlich weniger effizient als ein Wurfarm arbeitet, wodurch Pfeilgeschwindigkeit verloren geht.

Ich bin aber Theoretiker, d.h. die Relevanz für wirklich verwendete Mittelteile kann ich kaum einschätzen. Ich würde aber nicht davon ausgehen, dass zwischen Metall/Carbon-Mittelteilen ein messbarer Unterschied besteht, bei Holz möglicherweise schon.
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ullr
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Re: Frage zur Steifigkeit des Mittelteils

Beitrag von ullr »

PulsedQD hat geschrieben: 17. Okt 2018, 08:42 Vielleicht ein Denkfehler von meiner Seite:
Bei der Aussage, dass die Steifigkeit des MT keinen Einfluss auf die Pfeilgeschwindigkeit hat, geht aber die Annahme ein, dass das Mittelteil beim Auszug des Bogens keine Biegung erfährt.
...
Das ist kein Denkfehler.
Klar biegt sich auch das Mittelteil durch und selbstverständlich nimmt es da Energie auf, die der Pfeilgeschleunigung dann fehlt. Aber: versuch mal, diese Durchbiegung zu messen. ;) Fast unendlich klein (gegenüber der Bewegung des Wurfarmnocks), und damit geht auch die entnommene Energie (der Weg, die Durchbiegung) gegen Null. Das dürfte bei einem vernünftig konstruiertem Holzmittelteil ähnlich sein, ob mehr oder weniger gegen Null ist praktisch unwichtig. Und ein englischer Holzstecken hat sowieso einen besch..... Wirkungsgrad, da spielt das bißchen, was sich 10cm über oder unter der Bogenhand abspielt, auch keine Rolle.
Deshalb meine Aussage: ein Einfluss ist nicht vorhanden, es gibt beim Wirkungsgrad andere Baustellen.
Ne, ne, ist schon alles richtig was Du sagst.
Gruß
ullr
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Kitty
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Re: Frage zur Steifigkeit des Mittelteils

Beitrag von Kitty »

Um welche Preislagen reden wir hier, wenn man um vernünftig konstruierte Holzmitteilteile redet? Ich kenne da für Recurve nur billige Teile und dann eben nur vernünftiges aus Metall oder Carbon. Da habe ich den Vergleich erlebt. Die ersten 15 Monate habe ich mit billigen Holz geschossen.
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Re: Frage zur Steifigkeit des Mittelteils

Beitrag von sk90 »

Es gibt ein ILF-Holzmittelteil von Wild Mountain, das deutlich stabiler ist, als die Mittelteile von üblichen Einsteigerbögen. Das kostet so um die 220.- EUR. Wenn man da dann ILF Wurfarme draufpackt stellt man schnell fest, dass die Unterschiede nicht am Mittelteil hängen, sondern die Wurfarme die Musik machen...
Allerdings frage ich mich schon, woran das nun wieder genau liegt. Vergleicht man nämlich die dyn. relev. Wurfarmmassen von Einsteiger-ILF und Einsteiger-Schraubwurfarmen, so nehmen sich die nicht wirklich was. Das können nur Unterschiede in der Qualität des verwendeten Materials, allen voran die der Faserwerkstoffe und auch der Verleimung sein. Immerhin kosten ja auch die günstigsten ILF WAs rund das Doppelte der Einsteiger-Schraubvariante...
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