Kürzen des Pfeiles, Spine, Dynamischer Spine und all das...

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ullr
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Kürzen des Pfeiles, Spine, Dynamischer Spine und all das...

Beitrag von ullr »

Da habe ich in einem anderen Forum den Hinweis über den dynamische Spine im Zusammenhang mit dem Kürzen von Pfeilschäften gefunden.
OK. Ich fange bei den wichtigen Sachen an:
Was passiert, wenn der Pfeilschaft nur um wenig gekürzt wird (bis zu 5mm)? Was kann mit einem wohlabgestimmten Pfeil-Bogen System (Recurve) passieren?
Ich habe mir dazu aus meiner Datensammlung ein wohlabgestimmtes System herausgesucht, und es an ihm simuliert.
Das wohlabgestimmte System war:
Pfeil: Easton AL, XX75, Spine 1153, Schaftlänge 0,677m der Freigang beim Schuss (Beispiel: engster Abstand Pfeilschaft-Button im Schuss) 5,8mm. Dieses System wurde im realen Beschuss, unbefiederter Pfeil, 10m, sorgfältig überprüft und für sehr gut befunden. Die Eigenbiegefrequenz des Schaftes war 227Hz, diese Größe ist nur bei der Simulation sehr wichtig, sie gibt den Zeittakt vor.
Der gleiche Pfeil, der Schaft um 3mm gekürzt, also 0,674m:
Der Freigang verringerte sich auf 4mm, die Biegefrequenz erhöhte sich auf 230Hz.
Oho!!! Hätte ich nicht gedacht... Nach tiefem Meditieren über diesen doch unerwartet großen Einfluss kam ich zu dem Schluss, dass das eigenlich nur bei sehr gut abgestimmten Systemen passieren kann. Also ist der Rat, wenn man an einem System hinsichtlich Schaftlänge und Abstimmung durch Kürzen des Schaftes noch zusätzlich rumspielen will, man extrem vorsichtig sein sollte. Fünfmal abgeschnitten und immer noch zu kurz kann sich sehr schnell als Realität erweisen. :mrgreen: *)
Und nun noch eine Bemerkung zu den unwichtigen:
Zum sog. "dynamischen Spine".
Damit ist die Eigenbiegefrequenz des Pfeiles gemeint und die ist nur und nur dann wichtig, wenn man für sein Rechenmodell den genauen Zeitablauf benötigt. Der Haken ist, dass die Berechnung mit Einschluss der Spitzenmasse (alle anderen sind hupe) extrem schwierig ist. Ich rechne die Eigenfrequenz (Was für ein dümmlicher, laienhafter Ausdruck "dynamischer Spine") als frei schwingenden Stab ohne Spitzenmasse. Das hat sich über Jahrzehnte sehr gut bewährt.
Für den Schützen ist dieser Wert unwichtig, auch wenn er von sog. Fachleute in ihren Blogs und Büchern mystisch besungen wird... :lol:
Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
*) Murphy schlägt zu, wenn man die dazugehörigen Beschüsse, unbefiederter Pfeil, 10m nicht sorgfältig genug durchführt... :mrgreen:
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Re: Kürzen des Pfeiles, Spine, Dynamischer Spine und all das...

Beitrag von b_der_k_te »

Finde es interessant das ein doch weit vereinfachtes Modell (Eigenfrequenz des reinen Schaft ohne Endenmassen) so nah die Praxis abbilden kann.
Mir scheint auch noch, das Modell reagiert viel sensibler auf Veränderungen als die Praxis selbst, wodurch es eine Genauigkeit vorgaukelt die das Modell wegen den Vereinfachungen eigentlich gar nicht erfüllen kann.
Ich habe es schon einmal in einem persönlichen Schrieb gesagt: Es wurde noch kein Setup in der Praxis erprobt, welches laut Modell nicht wohl abgestimmt ist um zu sehen ob die Blankschäfte vielleicht doch für gut befunden werden.
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ullr
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Re: Kürzen des Pfeiles, Spine, Dynamischer Spine und all das...

Beitrag von ullr »

b_der_k_te hat geschrieben: 29. Jul 2021, 09:49 Finde es interessant das ein doch weit vereinfachtes Modell (Eigenfrequenz des reinen Schaft ohne Endenmassen) so nah die Praxis abbilden kann.
Mir scheint auch noch, das Modell reagiert viel sensibler auf Veränderungen als die Praxis selbst, wodurch es eine Genauigkeit vorgaukelt die das Modell wegen den Vereinfachungen eigentlich gar nicht erfüllen kann.
...
Es reagiert auf solche -ehrlicherweise- ziemlich groben Vereinfachungen beim Pfeilschaft nah an der Praxis, weil die anderen Bedingungen (z.B. das Auszugsdiagramm, die dyn. rel. Wurfarmmasse und die Sehnenmasse in das Modell mit relativ hoher Genauigkeit direkt einfließen und die Eigenfrequenz praktisch nur für die Verschiebung des kritischen Nahpunktes sorgt... Bei der Berechnung der maximalen Primärdurchbiegung geht die Pfeilspitzenmasse sehr wohl in das Modell ein.
Ich habe es schon einmal in einem persönlichen Schrieb gesagt: Es wurde noch kein Setup in der Praxis erprobt, welches laut Modell nicht wohl abgestimmt ist um zu sehen ob die Blankschäfte vielleicht doch für gut befunden werden.
Jung, als ich die ersten Untersuchungen startete, versprach ich den Schützen/Innen, dass ich ihnen die Kosten der Pfeile ersetze, wenn die praktische Erprobung zeigt, dass der gerechnete Pfeil sich auf den Bogen nicht abstimmen läßt (Grundlage 10m Test). Ich wollte es einfach wissen. Es ist nicht passiert.
Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
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