Gedanken zur Bogentechnik

Fragen, Themen die das System Bogen incl. Anbauteile betreffen
Rudischock
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Gedanken zur Bogentechnik

Beitrag von Rudischock »

Hallo liebe Leute, ich sehe schon, hier wird Ingenieurwissenschaftlich argumentiert. ( Ich habe auch die Anregung des Moderators angewendet und ein neues Thema aufgemacht)
Als Beispiel möchte ich die Berechnung der Windabdrift eines Pfeils benennen. Hier wird mathematisch einwandfrei nachgewiesen, ein Pfeil bewegt sich bei einem Seitenwind von links, um 6cm nach rechts.
Dieses Beispiel möchte ich dafür hernehmen, dass im Bogensport nicht nur die Mathematik von Bedeutung ist. Es kann vieles berechnet werden, aber mit der Praxis auf dem Platz hat es nicht immer etwas zu tun.
Meine Erfahrung bei Seitenwind von links ist, dass meine Pfeile überwiegend nicht rechts von der Mitte einschlagen sondern links!
Wie kann das sein ?
Als Schütze spüre ich wie meine Bogenhand leicht nach rechts gedrückt wird und versuche mehr oder weniger instinktive dagegen zu halten, also den Druck zu kompensieren. Leider gelingt es nur unvollkommen, da ich dann überkompensiere und damit die Trefferlage nach links geht.
Verstelle ich mein Visier bei links und der Wind schwächt sich ab, dann liegen die Treffer plötzlich rechts.
Die Mathematik in diesem Beispiel stimmt nur, wenn ich tatsächlich immer vom gleichen Punkt, horizontal und vertikal lösen würde.
Nun möchte ich einige Fragen in den Raum stellen, die ich bewusst offen lasse., damit Jede und Jeder sich seine eigenen Gedanken machen kann.
- Was sind gerade WA?
Aus meiner Sicht muss das Aufnahmelangloch, die WA-Bohrung für die Schwalbenschwanz- Rastung und die Sehnenkerbe auf einer Mittellinie liegen. Dazu müssen die Seiteneinkerbungen für das Sehnenauge links und rechts gleich tief und mittig, bezogen auf die o.a. Mittellinie, liegen.
Natürlich sollten die WA auch symmetrisch zur Mittellinie gebaut sein.
Ich denke diese Aussage werden alle teilen.
Nun ist es jedoch so, dass WA niemals komplett homogen in ihrem Aufbau sind, es gibt Stellen, mit mehr Kleber oder auch weniger Fasern aus dem Gelege, egal, ob Carbon oder GFK. Auch beim Aushärten unter Wärmeeinwirkung, werden Spannungen in die WA eingebaut.
Nun baue ich zwei WA in ein Mittelteil, richte die WA so genau aus, wie es mir möglich ist und mache z:B. 5 Schuss. Wird nach diesen 5 Schuss die Ausrichtung noch genau, wie vorher, sein?
- Jetzt zum Druckpunkt im Bogengriff. Wir verwenden alle den Begriff „Punkt“. Aber es ist nie ein Punkt sondern immer eine Druckfläche. Meint Ihr dass diese Druckfläche von Schuss zu Schuss immer gleich ist?
- Das schwänzeln des Pfeils. Nehmen wir mal an, ihr habt Euren BB oder VB über Tage sehr sorgfältig abgestimmt und schießt auf 50m. Ihr schießt um die 52er/ 54er Passen, die sich mittig im 8ter Umkreis verteilen. Plötzlich schwänzelt ein Pfeil und geht auf 8 Uhr in die 5.
Warum?
- Das Lösen über den Tab und die Fingerkuppen. Meint Ihr, dass Euch jeder Schuss beim Lösen gleich gelingt? Die Sehne also immer genau glich aus der Lösehand beschleunigt wird?
- Der Beschleunigungsvorgang des Pfeils. Hier ein Denkmodell. Es gibt mehrere Massenschwerpunkte , der obere- und der untere WA, die obere -und die untere Sehnenlänge, den Massenschwerpunkt des Mittelteils. Im Idealfall bewegen sich alle Massenschwerpunkte parallel nach Vorne und nehmen den Pfeil mit. Ist das im realen Leben wirklich so?
- Die Befestigung der WA. Es gibt vier Modelle.
1)Einteilige Bogen, hier sind die WA 1zu 1 mit dem Mittelteil verbunden.
2) Schraub WA hier werden die WA über eine Anlagefläche und einer Zentrierung mit dem Mittelteil verbunden.
3) Das ILF-System
3) 4) Mein System, dass sich über eine Halbkugel und definiert vorgespannten Tillerbolzen abstützt.
Glaubt Ihr, dass diese vier Systeme keinen Einfluss auf die mehr oder weniger vorhandene Geradheit des Systems, das Lösen und die Massenschwerpunkte haben?
Hierzu ein Beispiel. Ihr spannt ein PVC 30cm Lineal in einen Schraubstock, biegt und tordiert das Lineal, dann lässt ihr das Lineal losschnellen. Könnte Ihr eine Reaktion des Schraubstocks erkennen?
Jetzt legt Ihr eine Hand auf die Tischplatte und klemmt das gleiche Lineal zwischen Daumen und Zeigefinger ein. Ihr biegt und Tordiert es genauso, wie im Schraubstock, Ihr lasst es losschnellen. Spürt Ihr eine Reaktion?
- Wo seht Ihr zu den Befestigungen 1-4 die Größte Übereinstimmung zu diesem Beispiel?
Es sind nur wenige Gedanken, die ich hier in den Raum stellen möchte, bei weitem nicht alle, auch kann ich nicht alle Details ausführlich diskutieren, dass würde dann den Umfang von vielen vielen Seiten haben.
Mir geht es darum, einfach nur Denkanstöße auszulösen, die gleichen, die mich umgetrieben haben, mein System zu entwickeln.
In diesem Sinne, viele positive Gedanken, es ist ja auch mit das Schöne an unserem Sport, dass es immer was zu überlegen und abzustimmen gibt.
Alle ins Gold und viele Treffer,
Siegfried
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ullr
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Re: Gedanken zur Bogentechnik

Beitrag von ullr »

Rudischock hat geschrieben: 25. Jan 2023, 11:24 Hallo liebe Leute, ich sehe schon, hier wird Ingenieurwissenschaftlich argumentiert. ( Ich habe auch die Anregung des Moderators angewendet und ein neues Thema aufgemacht)
Als Beispiel möchte ich die Berechnung der Windabdrift eines Pfeils benennen. Hier wird mathematisch einwandfrei nachgewiesen, ein Pfeil bewegt sich bei einem Seitenwind von links, um 6cm nach rechts.

....
Die Abdrift hängt von der Pfeilgeschwindigkeit, dem Durchmesser und der Länge sowie, der Windstärke und der Schußweite ab.
Hier sind die Grundlagen:
https://cnentwig.home.ktk.de/verwehtepfeile.html
Und natürlich auch Vergleiche verschiedener Pfeilsorten. Der Artikel steht seit 2018 im Internet.
Den Rest des Postes von Rudischock kommentiere ich nicht... Schießfehler sind ein anderes Thema.
Erfahrene Schützen warten ab, dass der Seitenwind nachläßt und nutzen eine "Windpause" Ist starker, unberechenbarer Seitenwind angesagt, gehen die Ergebnisse in die Knie. Dagegen gibt es kein Mittel. Da hilft nur Glück. Ein Stoßgebet zu Ullr....
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Re: Gedanken zur Bogentechnik

Beitrag von Abow »

Schon mal danke Siegfried für das prima Beispiel zur Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis!
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mark1968
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Re: Gedanken zur Bogentechnik

Beitrag von mark1968 »

ullr hat geschrieben: 25. Jan 2023, 12:59 ....
Erfahrene Schützen warten ab, dass der Seitenwind nachläßt und nutzen eine "Windpause" Ist starker, unberechenbarer Seitenwind angesagt, gehen die Ergebnisse in die Knie. Dagegen gibt es kein Mittel. Da hilft nur Glück. Ein Stoßgebet zu Ullr....
Christian
Hallo Christian,

dem ist nicht ganz so. Erfahrene Schützen trainieren regelmäßig bei Wind und das Vorhalten z.B. in die 8 links bei Wind von links. Das Bedarf einiger Erfahrung, aber ist notwendig, weil die Uhr einfach oft gegen das "Abwarten" auf Windstille oder nachlassendem Wind dagegen spricht.

Gruß
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landbub
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Re: Gedanken zur Bogentechnik

Beitrag von landbub »

Wenn die Schusszeitverkürzung kommt, ist da auch nicht mehr viel mit Abwarten.
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Kitty
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Re: Gedanken zur Bogentechnik

Beitrag von Kitty »

Aktuell ist der Stand der Dinge, dass bei nationalen Meisterschaften keine Schusszeitverkürzung kommen wird. https://share-your-photo.com/3990a37bBild
Bogenschützin mit Leib und Seele, seit nun mehr als 11 Jahren!
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ullr
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Re: Gedanken zur Bogentechnik

Beitrag von ullr »

mark1968 hat geschrieben: 25. Jan 2023, 18:59
ullr hat geschrieben: 25. Jan 2023, 12:59 ....
Erfahrene Schützen warten ab, dass der Seitenwind nachläßt und nutzen eine "Windpause" Ist starker, unberechenbarer Seitenwind angesagt, gehen die Ergebnisse in die Knie. Dagegen gibt es kein Mittel. Da hilft nur Glück. Ein Stoßgebet zu Ullr....
Christian
Hallo Christian,

dem ist nicht ganz so. Erfahrene Schützen trainieren regelmäßig bei Wind und das Vorhalten z.B. in die 8 links bei Wind von links. Das Bedarf einiger Erfahrung, aber ist notwendig, weil die Uhr einfach oft gegen das "Abwarten" auf Windstille oder nachlassendem Wind dagegen spricht.

Gruß
der Markus
Hallo Markus,
ja, natürlich. Je größer Deine Erfahrung ist, bei Wind zu schießen, um so besser. Zweckmäßig ist es auch, den Rand des Turnierplatzes zu beobachten, dort kann man häufig früher das Aufkommen oder Abklingen einer Bö sehen und sich danach richten. Aber auch das "Vorhalten" ist "Glücksache". Den Wind, den Du an der Schießlinie spürst mußt nicht der sein, der auch weiter entfernt, oder höher pustet...
Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
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pfeileloeser
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Re: Gedanken zur Bogentechnik

Beitrag von pfeileloeser »

das erklärt sich einfach:

- Du hältst zu viel dagegen

oder

- Du schießt mental in den Wind, ohne es zu bemerken

oder

- Du erwischt Kurzphasen, in denen Du zu viel gegenhältst.


Also ab auf den Platz bei Seitenwind und einige Tage testen. Viell. ein dabei wenig schneller schießen !

:)
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mark1968
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Re: Gedanken zur Bogentechnik

Beitrag von mark1968 »

Rudischock hat geschrieben: 25. Jan 2023, 11:24 ...Es gibt vier Modelle.
1)Einteilige Bogen, hier sind die WA 1zu 1 mit dem Mittelteil verbunden.
2) Schraub WA hier werden die WA über eine Anlagefläche und einer Zentrierung mit dem Mittelteil verbunden.
3) Das ILF-System
3) 4) Mein System, dass sich über eine Halbkugel und definiert vorgespannten Tillerbolzen abstützt.
Glaubt Ihr, dass diese vier Systeme keinen Einfluss auf die mehr oder weniger vorhandene Geradheit des Systems, das Lösen und die Massenschwerpunkte haben?
.......
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Siegfried
Hallo Siegfried,

ich denke, dass inzwischen bei den ILF und auch den FORMULA Mittelteilen einige Modelle dabei sind (und auch in Deine Aufzählung gehören sollten), die sowohl dazu angedacht sind, die Fertigungstoleranzen in Bezug auf die Geradheit der Wurfarme auszugleichen wie auch das (Nach-)Schwingungsverhalten zu verbessern. Bei allem ist zu bedenken, dass die (sogenannten) Innovationen, die in Aktion treten, nachdem der Pfeil die Sehne verlassen hat, sehr von der subjektiven Empfindung des Schützen abhängig ist. Der Placebo-Effekt ist bzw. kann ein sehr großer Faktor hier sein.

P.S.: Dass ich erst einmal auf diesen Effekt nicht zu sehr hier eingehe, hat "redaktionelle Gründe", da ich zu diesem Thema einen Artikel verfasst habe, der im nächsten BSM erscheint. Das soll jetzt keine Eigenwerbung sein aber ich mag ungern eine Thematik hier eröffnen und diese dann nicht ausführlicher erörtern. Man möge mir das hier an dieser Stelle verzeihen. :oops:

Viele Grüße
der Markus

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ullr
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Re: Gedanken zur Bogentechnik

Beitrag von ullr »

mark1968 hat geschrieben: 26. Jan 2023, 06:14 ...
.... Bei allem ist zu bedenken, dass die (sogenannten) Innovationen, die in Aktion treten, nachdem der Pfeil die Sehne verlassen hat, sehr von der subjektiven Empfindung des Schützen abhängig ist. Der Placebo-Effekt ist bzw. kann ein sehr großer Faktor hier sein.
...
Viele Grüße
der Markus
...
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Hallo Markus, man muss sich den Zeitablauf des Schusses ansehen.
Während der Zielphase treten keine "Vibrationen" oder sog. "Schock" Störungen auf. Das Zittern des Bogenarmes während des Zielens aufgrund zu hoher Endhaltekraft außen vor... ;)
Die Schussphase dauert ca 10-13ms. Auch da tritt keine Vibration auf. Auch kein "Schock". Der normale Rückstoß ist so gering dass er vom Schützen/In nicht registriert wird. Bei leichten Langbogen mit sehr hoher Endhaltekraft mag das etwas anders sein. Da ist möglicherweise der Rückstoß schon spürbar.
Nach dem Schuss, wenn sich die in der Sehne gespeicherte Federenergie austobt, da treten Vibrationen auf. Die bemerkt der Schütze/In. Sie werden umso geringer fühlbar sein, je schwerer das Mittelteil ist. Zu dem Zeitpunkt ist der Pfeil schon seit langer Zeit (gemessen an der physikalischen Schusszeit ;) ) unterwegs.
Der Placebo-Effekt ist bei solchen Fragen ein extrem großer Faktor. Vor allen Dingen dann, wenn Anfänger von fortgeschrittenen Spitzenschützen Rat"schläge" bekommen. Das wird noch schlimmer, wenn finanzielle Gründe eine Rolle spielen, also irgendein Design in den Himmel gehoben wird..
Gruß und klar doch,
"Gut Schuss!"
Christian
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